Nach einem narzisstischen Missbrauch ist das Leben alles andere als einfach. Viel zu viel hat sich in dieser Zeit angesammelt und aufgestaut. Der Weg danach ist steinig, sehr steinig und es benötigt Zeit, um wieder zu „werden“. Welche Phasen dies sind, zeige ich in einer kurzen Zusammenfassung auf.
1. Akzeptanz
Die Akzeptanz setzt voraus, dass man dem Narzissten auf die Schliche gekommen ist. Das man akzeptieren muss, ihn nicht ändern zu können. Auch die Akzeptanz, dass sich die Situation eher verschlimmern als verbessern wird. Die eigene Akzeptanz, dass man bereits an all seine Grenzen gegangen ist.
2. Entschlossenheit
Die Entschlossenheit und den Mut aufzubringen, sich aus dieser Situation zu befreien. Die Entschlossenheit, sich Hilfe zu suchen. Die Entschlossenheit sein Leben wieder in eine andere Richtung zu bringen. Die Entschlossenheit, noch einmal Kraft aufzuwenden um sich aus dieser Beziehung zu befreien.
3. Sicherheit / Schockphase
Hier liegt der Schwerpunkt auf der Stabilisierung. Es ist wichtig in dieser Phase innere und äussere Sicherheit herzustellen, um so die Symptome zu reduzieren. Ebenso ist das trainieren von Fertigkeiten und Kompetenzen für den Alltag wichtig. Hier ist es wichtig ein Gegengewicht zum traumatisch Erlebten aufzubauen. Die eigenen Ressourcen zu nutzen, die Stresstoleranz und Selbstregulation zu steigern und/oder zu verbessern. Nach einem traumatischen Erlebnis steckt man in einem Schockzustand. Dieser ist notwendig um das eigene Überleben zu sichern und das Gefühl von Sicherheit zurück zu bekommen. Dies ist wichtig, da die eigene Gefühls- und Erlebniswelt komplett ins Wanken gekommen ist. In dieser direkten Phase des Traumas kann es sein, das man nur den Ort des Erlebten verlassen möchte, sofern man dazu noch eigenständig in der Lage ist oder die Nähe von Angehörigen brauchen oder sich komplett zurück ziehen.
4. Verarbeitungsphase
Hier sollte nicht der Traumainhalt im Mittelpunkt stehen, eher die Gefühle, Gedanken und die eigenen Körperwahrnehmungen wahrzunehmen und diese möglichst in Worte zu fassen. Dies ermöglicht es, leicht triggerbare, implizierte Erinnerungen nach und nach im autobiografischen Gedächtnis abzulegen. Durch das Erlebte werden beim Betroffenen immer wieder Gefühle, Gedanken und Bilder zu diesem Ereignis präsent und hieraus können Stimmungsschwankungen entstehen. Dies ist bei der Trauma-Verarbeitung völlig normal. Es werden die Selbstheilungskräfte aktiviert. Das Trauma wird dadurch zu einem Erlebnis im Leben, das in die Lebensgeschichte integriert wird, ohne das im Nachhinein in irgendeiner Weise daraus eine Belastung entsteht. Dies ist ein natürlicher Verlaufsprozess zur Verarbeitung eines Traumas. Jeder Mensch verarbeitet durch seine Individualität das Erlebte anders.
5. Es ist nichts mehr so, wie es einmal war
Durch das erlebte Trauma hat die betroffene Person ihre eigene Belastbarkeitsgrenze kennengelernt. Das Gefühl, das eigene Leben unter Kontrolle zu haben wurde durch das Erlebte erschüttert und das bisher intakte Weltverständnis ist nicht mehr vorhanden. Um wieder Vertrauen in seine Umwelt und in andere Menschen zu erhalten, muss die Verarbeitung des Erlebten in Gang gesetzt werden und die Selbstheilung stattfinden. Traumatisierte Menschen sehen die Welt fortan als nicht mehr kalkulierbar und ungerecht. In der Aussenwelt werden Traumatisierte oftmals als reizbar, unstet oder auch leicht verletzbar wahrgenommen. Ihr Verhalten ist nicht erklär-beziehungsweise nachvollziehbar bis hin zu befremdlich. Ein traumatisierter Mensch handelt nicht in Absicht so. Die unerklärlichen Verhaltensweisen, die auch dem Betroffenen selber oftmals auffallen, sind der Schutz der Psyche vor einer weiteren Traumatisierung. Hier ist es hilfreich Verständnis von Personen, Familie und Freunden zu erhalten, um der traumatisierten Person die Möglichkeit zu geben, die vorhandenen Gefühle und Gedanke zu ordnen und zu akzeptieren, eine Heilung zuzulassen und schlussendlich wieder in ein nicht traumabelastetes Leben zurückzukehren.
In dieser Phase gilt es mit Mitgefühl den eigenen Schmerz zu würden, ihm Raum zu geben, zu trauern. So kann sich der innere Fokus vom Trauma lösen und den Blick freimachen für die weiteren Entwicklungsschritte.
Bei der Neuorientierung werden sich neben möglichen Befürchtungen und Ängsten, z. B. Eingehen neuer Bindungen, liegt der Fokus eher in den Wünschen und Zielen für die Zukunft. Dies könnte sich konkret bei der Neuausrichtung einer Beziehung oder einer beruflichen Umorientierung, als auch langfristige Überlegungen für ein „Wiederanknüpfen an die Welt“ sein.
6. Die Verarbeitung eines Traumas braucht Zeit
Um ein Trauma zu verarbeiten benötigt es Zeit, daher ist es um so wichtiger, dass das Umfeld den Betroffenen dabei unterstützt und ihm die Zeit gibt. Da der Körper in den Überlebensmodus geschaltet hat, ist es nun seine Aufgabe diesen wieder zu verlassen, um in den Lebensmodus zurückzukehren. Dabei ist es zu empfehlen sich hierbei professionelle Unterstützung zu holen.
Die Art und die Schwere des Traumas sind insgesamt entscheidend für den zeitlichen Verlauf der Verarbeitung. Hierbei sind noch sogenannte Risikofaktoren für die Verarbeitung des Traumas zu berücksichtigen, die eine reibungslose Heilung ermöglichen. Da können noch nicht verarbeitete Traumatas aus der Vergangenheit vorhanden sein, welche den derzeitigen Heilungsverlauf blockieren.
Findet man irgendwann wieder in seinen gewohnten Lebensalltag nach und nach zurück, benötigt der Betroffene höchstwahrscheinlich keine Hilfe. Zeigen sich jedoch Depressionen, Flashbacks oder auch Schlafstörungen immer häufiger, ist es ratsam sich professionelle Hilfe durch eine Psychotherapie zu holen. Physische Beschwerden, welche plötzlich auftreten, können noch durch das Trauma hervorgerufen werden auch hier bedarf es Hilfe durch einen Arzt.
In dieser nochmals lehrreichen Zeit, bekommt man einen guten Einblick in sich selbst. Zudem lernt man wieder auf seine Intuition, Bauchgefühl und auch auf sein Herz zu hören, mehr als man es vorher tat. Wenn man genau in sich hinein hört, spürt man, wann die Seele das Trauma endlich loslässt.
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