
Was ist das Innere Kind?
Das Innere Kind ist ein psychologisches und therapeutisches Konzept, das massgeblich von dem US-amerikanischen Psychologen John Bradshaw in den 70er und 80er Jahren geprägt wurde.
Das Innere Kind steht symbolisch für alle im Gehirn gespeicherten Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der Kindheit, wovon die meisten unbewusst sind. Das Innere Kind ist eine Metapher dafür, dass jede Psyche stark von der eigenen Kindheit geprägt ist. Es repräsentiert die frühen inneren seelischen Wirklichkeiten, die das Erwachsendasein stark beeinflussen.
Das Innere Kind ist eine unserer vielen Teilpersönlichkeiten. Wie viele Teile unseres Selbst ist es bei den meisten Menschen im Unterbewusstsein zuhause. Von dort aus agiert und beeinflusst es unsere Erfahrung als Erwachsene. Je verletzter das Innere Kind ist, desto ungeliebter und verlassener es sich fühlt, um so stärker sein unbewusster Einfluss auf das Erwachsendasein.
Wer als Kind wenig Liebe und Aufmerksamkeit, Schmerz und Missbrauch erlebt hat, lehnt sein Inneres Kind unbewusst ab. Die schmerzhaften Erfahrungen werden verdrängt, um sie nicht erneut fühlen zu müssen.
Doch alles Verdrängte kommt auf den seltsamsten Wegen hoch. Im Reich der inneren Schatten entwickelt es mitunter ein zerstörendes Eigenleben.
Viele Menschen haben ihr Inneres Kind in den Keller ihres Unterbewusstseins verbannt und die Tür fest verschlossen. Dort trommelt es lautstark in Form intensiver Gefühle gegen die Tür, damit es endlich erhört und befreit wird. Doch wir fürchten uns so sehr vor diesen Gefühlen, ass wir uns mit den verschiedensten Süchten betäuben und von unseren Gefühlen abschneiden, um die Hilferufe des Inneren Kindes nicht wahrnehmen zu müssen.
Wir versuchen verzweifelt, die Tür immer hermetischer zu verriegeln, doch lösen damit das Problem nicht. Nur weil wir das verletzte Innere Kind, das symbolisch für schmerzhafte Erfahrungen und Gefühle aus der Vergangenheit steht, in die dunkelste Ecke unseres Unterbewusstseins verbannt zu haben, ist es nicht verschwunden. So lange wir leben wird es versuchen, sich Gehör zu verschaffen.
Es gibt nur einen Ausweg: Das verletzte Kind in uns zu befreien und uns mit ihm aussöhnen.
Neben dem inneren Kind haben wir einen weiteren wesentlichen Persönlichkeitsanteil in uns: den inneren Erwachsenen. Wenn wir diese beiden Teile miteinander in Kontakt bringen, wenn unser innerer Erwachsener lernt, sich liebevoll und fürsorglich um die Bedürfnisse des inneren Kindes zu kümmern, kann Heilung geschehen. Wir fühlen uns wieder ganz und überwinden die innere Isolation.
Dein innerer Erwachsener ist genau der Mensch, den dein inneres Kind dringend braucht und den du dir selbst als Kind bitterlich gewünscht hast. Durch die Arbeit mit deinem Inneren Kind kannst du abgespaltete Anteile, Erfahrungen und Gefühle deines Selbst re-integrieren, wieder ganz werden lassen und heilen.
Wege Kontakt mit dem Inneren Kind aufnehmen und es heilen
Wer sich von seinen schmerzhaften Gefühlen abschneidet, kann meist auch positive Gefühle nicht mehr wirklich intensiv und ungehemmt empfinden. Das führt zu einer inneren Leere, Gefühl der inneren Einsamkeit, Isolation und des Ungeliebt seins entstehen. Wir verlieren den Kontakt zu uns selbst, was auch tiefe Verbindungen zu anderen Menschen verhindert. Wir passen uns den Erwartungen anderer an und unterdrücken eigene Wünsche und Gefühle.
Um wieder ganz zu werden, ein befreites Leben zu führen und Liebe zu empfangen sowie geben zu können, ist der Kontakt zu deinem inneren Kind unverzichtbar. Wenn dein innerer Erwachsener lernt, sich gut um das verletzte Kind in dir zu kümmern, können alte Wunden heilen.
Dein Inneres Kind kannst du nicht anderen auf den Schoss setzen. Du musst dich selbst darum kümmern und die Verantwortung übernehmen.

Kontakt zu deinem Inneren Kind: Die Kindheit wiederbeleben
Für einen Erstkontakt mit deinem Inneren Kind ist es hilfreich, wenn du dich an die schönen Dinge in deiner Kindheit erinnerst.
Was hast du als Kind gern gemacht? Was konntest du stundenlang tun, ohne dass dir langweilig wurde?
Wenn dir spontan nichts einfällt, lasse die Fragen erstmal wirken und warte ab, welche Antworten in den nächsten Stunden oder Tagen aufkommen. Wenn du eine bestimmte Frage stellst, wird dir dein Unterbewusstsein mit der Zeit Antworten liefern.
Als Hilfestellung kannst du auch wichtige Bezugspersonen befragen, dir alte Fotos angucken oder deinem Inneren Kind in einer geführten Meditation begegnen.
Mit etwas Geduld werden dir nach und nach wieder Dinge einfallen.
Vielleicht war es malen, tanzen, Seil springen, singen, puzzeln, Höhlen bauen, Hula Hoop, toben, auf Bäume klettern, in Pfützen springen, Ball spielen oder basteln?
Was auch immer es war, mach wieder mehr davon. Überlege dir, wie du diesen Aktivitäten mehr Raum in deinem Leben geben kannst. Was kannst du tun, um jeden Tag wenigstens ein bisschen was zu tun, das deinem Inneren Kind Freude bereitet?
Vielleicht gibt es auch noch Spielzeug, ass dir früher sehr wichtig war, und vielleicht noch auf irgendeinem Dachboden herumliegt. Falls nicht, kannst du dir etwas Ähnliches kaufen. Beschäftige dich jeden Tag ein bisschen damit und verbinde dich dabei mit dem Kind in dir.
Kontakt zum Inneren Kind: Meditation & Visualisierung
Wenn das Konzept vom Inneren Kind neu für dich ist, begegnest du deinem Inneren Kind am besten über geführte Meditation, Visualisierungen oder Traumreisen.
Nachdem du dich in einen entspannten, meditativen Zustand versetzt hast, wirst du in diesen Meditationen an einen inneren Ort oder in einen Raum geführt, an dem dein innerer Erwachsener deinem inneren Kind begegnet.
Dabei taucht meist ein ganz bestimmtes Bild von deinem inneren Kind auf, rein intuitiv aus deinem Unterbewusstsein. Du nimmst in diesen Meditationen ein Bild deines Inneren Kindes wahr und erfährst, in welchem Gemütszustand es sich befindet.
Wenn du es bislang vernachlässigt und ignoriert hast, wird es höchstwahrscheinlich traurig, wütend, verzweifelt, ängstlich oder einfach nur trotzig sein. Oft versteckt es sich auch, reagiert nicht oder wendet deinem inneren Erwachsenen den Rücken zu.
Auch wenn hier im Post aus Gründen der Einfachheit und der besseren Lesbarkeit von dem inneren Kind im Singular gesprochen wird, haben wir alle im Grunde mehrere innere Kinder, die verschiedene Entwicklungsstufen haben. In Meditationen ist es dir selbst überlassen mit welchen inneren Kind du eine Begegnung haben möchtest und welches Thema dir gerade auf der Seele brennt.
Tipp: Auf Youtube findet man verschiedene Meditationen für unterschiedliche Entwicklungsstufen für die Inneren Kinder in einem selbst.
Es ist hilfreich verschiedene Meditationen auszuprobieren, um herauszufinden, worauf man am stärksten reagiert. So erfährst du, in welcher Entwicklungsstufe du als Kind entweder am meisten verletzt wurdest oder wo momentan die meiste Heilung für dich am notwendigsten ist.

Verbringe Zeit mit deinem Inneren Kind
Dein Inneres Kind braucht deine Zeit. Nicht viel, aber es muss wissen, dass du da bist und es nicht wieder im Stich lässt.
Verbringe jeden Tag etwas Zeit mit deinem Inneren Kind – in welcher Form auch immer.
Es ist absolut nicht überraschend, wenn dein Inneres Kind zunächst trotzig auf deinen Inneren Erwachsenen reagiert und nichts mit ihm zu tun haben möchte. Du hast es jahrelang ignoriert und im Stich gelassen. Sei also geduldig, bleib dran und gib deinem Inneren Kind die Zeit, die es braucht, damit es dir wieder vertrauen kann.
Sätze wie:
- Du bist gut, genau so wie du bist
- Ich bin bei dir und lasse dich nie wieder allein
- Es ist vollkommen in Ordnung, traurig – wütend – enttäuscht – verzweifelt zu sein.
- Ich liebe dich
- Vergib mir, dass ich solange nicht bei dir war
können dabei helfen.
Schenke deinem Inneren Kind auch körperliche Zuwendung, wenn du spürst, dass es diese braucht und sich wünscht. Du kannst dir beispielsweise selbst eine Umarmung schenken oder dich sanft berühren oder auch deinem Inneren Kind in der Vorstellung sanfte, absichtslose Berührungen schenken.
Schreibe deinem Inneren Kind und komme ihm dadurch näher
Das Schreiben ist ausserdem eine wirkungsvolle Methode, sich dem Inneren Kind zu dir zu näheren.
Schreibe deinem Inneren Kind einen Brief und lass es wissen, wie wunderbar, kostbar und einzigartig es ist. Lasse es wissen, wie froh du darüber bist, es wiedergefunden zu haben und nun in Kontakt mit ihm zu sein. Teile deinem Inneren Kind mit, dass du dich von nun an mit ganzem Herzen um es kümmern wirst, es nie wieder im Stich lässt und ihm alle Zeit der Welt gibst.
Sage deinem Inneren Kind all das, was du selbst gern als Kind gehört hättest. All das, was du gebraucht hättest, aber nie bekommen hast.
„Heilung bedeutet, das Gegenteil der ursprünglichen Verletzung zu erleben.“
Du kannst auch ein Tagebuch an dein Inneres Kind führen, in dem du regelmässig, vielleicht sogar täglich, ein paar liebevolle Worte an dein Inneres Kind richtest.
Ausserdem kannst du deinem Inneren Kind schreibend Fragen stellen und schauen welche Antworten – ohne dass du darüber nachdenkst – durch deinen Stift auf das Papier fliessen. Schreibe deine Fragen am besten mit deiner dominanten Schreibhand, als der Hand, mit der du immer schreibst. Schreibe die Antworten deines Inneren Kindes dann mit der nicht-dominanten Schreibhand. Das ist zwar anfangs etwas anstrengend, aber sehr effektiv, da so seinen besseren Zugriff auf dein Unterbewusstsein hast. Ausserdem fühlt es sich automatisch so an, als würde ein Kind schreiben.
Du kannst zudem zwei verschiedenfarbige Stifte nutzen, um die Worte deines Inneren Erwachsenen und die des Inneren Kindes voneinander abzugrenzen.
Wenn du magst kannst du auch gemeinsam mit deinem Inneren Kind ein richtig schönes Buch für diesen Prozess auswählen und es gemeinsam gestalten. So erfüllst du gleich noch das Bedürfnis nach kreativem Ausdruck, das jedes (innere) Kind hat.

Zeige deinem Inneren Kind deine Welt und deinen Alltag
Erlebe deinen Alltag mit den Augen deines Inneren Kindes. Stell dir vor, du nimmst dein Inneres Kind das erste Mal bewusst mit und dein Innerer Erwachsener zeigt ihm oder ihr alles, was du den ganzen Tag lang so machst und erlebst.
Wie wird dein Inneres Kind auf deine Welt/Alltag reagieren? Was gefällt ihm? Was mag es gar nicht?
Achte dabei auf die Impulse, die dir dein Inneres Kind gibt. Wann immer möglich, folge ihnen. Will dein Inneres Kind zum Beispiel ganz wo anders lang laufen, dann schlage mal einen anderen, ungewöhnlichen Weg ein. Will dein Inneres Kind noch länger U-Bahn fahren, dann bleibe sitzen und betrachte das Geschehen um dich herum durch die Augen deines Inneren Kindes. Hat dein Inneres Kind Lust zu tanzen oder ein Lied zu singen, dann macht dein Innerer Erwachsener genau das mit ihm – egal ob im realen Leben oder „nur“ in deiner Vorstellung.
Der Dialog mit deinem Inneren Kind
Eine Möglichkeit, Kontakt mit dem Inneren Kind in dir aufzunehmen, besteht wie in Punkt: Schreibe deinem Inneren Kind …, beschrieben über das Schreiben.
Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, einen Dialog mit deinem Inneren Kind zu führen.
So kannst du dir beispielsweise deinen Inneren Erwachsenen und dein Inneres Kind bildlich vor deinem geistigen Auge vorstellen. Nimm wahr, wie diese beiden inneren Persönlichkeiten einander gegenübertreten, wie sie aussehen und wie sie sich fühlen.

Dein Innerer Erwachsener kann deinem Inneren Kind nun Fragen stellen, wie:
- Was macht dich so wütend – traurig – verzweifelt?
- Bist du wütend auf mich und … / oder jemand anderen?
- Was brauchst du gerade?
- Wie fühlst du dich mit … ? Oder einer anderen Person?
- Wie geht es dir mit unserer Arbeit?
- Was verursacht diese Gefühle in dir?
Der Dialog mit deinem Inneren Kind ist ein wichtiger Zugang zum Unterbewusstsein. Du kannst dabei sehr viel über dich, deine Vergangenheit und deine derzeitige Situation erfahren. Dein Inneres Kind hat dir viel zu erzählen.
Du kannst auch die ganz alltäglichen Wünsche deines Inneren Kindes in Erfahrung bringen und ihnen mehr Raum geben:
- Was würdest du heute gern anziehen?
- Welchen Film möchtest du dir anschauen?
- Was möchtest du am Wochenende machen?
- Was möchtest du heute Abend essen?
- Mit wem möchtest du Zeit verbringen?
Ein solcher Dialog mit deinem Inneren Kind ist nur möglich, wenn du dich dem Kind in dir bereits angenähert hast und es dir wieder vertraut.
Sprich regelmässig mit deinem Inneren Kind, beispielsweise jeden Tag 5 bis 10 Minuten. Nur so gewinnt es das Vertrauen in dich zurück.
Falls die reine Visualisierung bei dir nicht funktioniert, kannst du auch zwei Stühle als Hilfsmittel verwenden. Ein Stuhl steht für dein erwachsenes Ich, der andere für dein Inneres Kind. Wenn du als Erwachsener sprichst, setzt du dich auf den entsprechenden Stuhl. Wechsle dann den Stuhl, um die Perspektive deines Inneren Kindes einzunehmen und als dieses zu antworten. Du kannst auch ein Stofftier oder ein anderes Symbol auf den Stuhl deines Inneren Kindes setzen. Dann hast du als erwachsenes Ich ein Gegenüber, das du ansprechen kannst. In der Rolle des inneren Kindes kannst du das Stofftier auf den Schoss nehmen und dich dadurch evtl. noch besser mit diesem inneren Anteil verbinden.
Durch Kreativität in Kontakt mit dem Inneren Kind kommen
Kreativität ist ein grossartiger Weg, um wieder in Kontakt mit deinem Inneren Kind zu kommen. Dein Inneres Kind liebt es, kreativ zu sein.
Meist sind die Dinge, die du heute gern machst, auch Dinge, die du schon als Kind geliebt hast. Erinnere dich daran, was du als Kind gern getan hast und mache das.
Tobe dich gemeinsam mit deinem Inneren Kind künstlerisch und kreativ aus. Es geht wirklich nur darum, Spass mit deinem Inneren Kind zu haben und nicht darum, irgendetwas Schönes oder Grossartiges zu erschaffen.
Über Gefühle Kontakt zum Inneren Kind aufnehmen
Die beste Möglichkeit, Kontakt mit dem Inneren Kind aufzunehmen, ist über intensive Gefühle.
Besonders wirkungsvoll ist der Kontakt über wirklich intensive, schmerzhafte Gefühle, die du bislang wahrscheinlich um jeden Preis unterdrückt und verdrängt hast.
Diese Gefühle sind das zutiefst verletzte, leidende, allein gelassene Kinder in deinem Inneren.
Sie sind der Urschmerz, den du als du klein warst, nicht zulassen und nicht fühlen konntest, weil du die Intensität dieser Gefühle nicht verkraftet hättest. Deshalb hat ein sehr gesunder Selbstschutz-Mechanismus deiner Psyche dich von diesen intensiven Gefühlen abgeschnitten, um das kleine verletzliche Wesen, das du einmal warst, davor zu bewahren.
Doch die Gefühle sind nicht verschwunden. Sie kommen immer wieder hoch, weil sie nun, da du gross und stark genug dafür bist, durchfühlt und endlich wieder integriert werden wollen.
Jedoch sind die meisten Menschen nicht bereit, diese intensiven Gefühle zuzulassen und zu durchfühlen. Sie werden mit aller Macht unterdrückt. Dadurch vermeiden wir kurzfristig den Schmerz, verlängern unser Leiden jedoch unendlich, denn diese Gefühle suchen uns immer wieder heim.
Wenn du das nächste mal spürst, dass schmerzhafte, fürchterliche, vielleicht kaum erträgliche Gefühle in dir aufkommen, entscheide dich einmal, sie nicht wegzumachen, sondern dich für sie zu öffnen und sie zu durchfühlen.
Das ist alles andere als leicht, aber die einzige Möglichkeit der Heilung.
Egal, wie schrecklich es sich anfühlt: deine Gefühle werden dich nicht umbringen. Du kannst dich ihnen also stellen.
Lasse dich auf das Gefühl ein. Fühle alles. Nimm es ganz bewusst wahr und lasse dich in das Gefühl fallen. Atme in das Gefühl hinein und lasse dich nicht von den Gedanken in deinem Kopf ablenken. Es ist jetzt wirklich wichtig, dass du das Fühlen zulässt und nicht, wie so oft, in deine Gedankenwelt flüchtest.
Frage dich dann:
- Wann habe ich dieses Gefühl zum ersten Mal gefühlt?
Fühle einfach das Gefühl, ohne über eine Antwort nachzudenken. Bleibe bei dir, deinem Atem und dem Gefühl.
Schaue, ob ein Bild oder eine Antwort spontan in deinem Inneren auftaucht.
Vielleicht steigt aus deinem Unterbewusstsein nun ein Bild auf, als du ein Säugling, ein Kleinkind oder ein Schulkind warst. Vielleicht siehst du oder erinnerst du dich nun an eine Szene aus der Vergangenheit, an dem du diesen Schmerz vielleicht zum ersten Mal gefühlt hast. Wenn es eine Erinnerung ist, in der du nicht älter als 8 Jahre alt bist, ist es wahrscheinlich, dass es sich um den Urschmerz handelt, also der Moment, in dem du den Schmerz zum ersten Mal erlebt und von dir abgespalten hast.
Schaue dir dieses Bilde genau an. Was siehst du? Wie alt bist du? Was ist gerade passiert oder passiert gerade in diesem Augenblick? Wie sieht das Zimmer aus? Was hast du an? Wer ist noch im Raum?
Erlebe und durchfühle den Schmerz deines Inneren Kindes dann aus der Ich-Perspektive. Für die Heilung deines Inneren Kindes ist es sehr wichtig, dass du dich noch einmal gänzlich in die Position deines Inneren Kindes versetzt und die Gefühle quasi aus erster Hand spürst.
Wenn du das Gefühl gänzlich angenommen, zugelassen und durchfühlt hast, stelle dir vor wie dein erwachsenes Ich die Szene betritt.
Gehe als Erwachsener zu deinem Kind-Ich und gib ihm genau das, was es braucht. Was das ist, weisst du intuitiv ganz genau. Nimm es in den Arm, tröste es, sage ihm genau die Worte, die es hören muss.
In diesem Moment kann es passieren, dass sich das unangenehme Gefühl plötzlich auflöst. Vielleicht fühlst du dich erleichtert oder enorm befreit.
Wenn sich dein Inneres Kind beruhigt hat, frage es, was es jetzt machen will, sofern es in einem Alter ist, in dem du mit ihm reden kannst. Wenn es noch ein Säugling ist, lege es zurück ins Bett und verabschiede dich liebevoll und behutsam.
Vielleicht möchte dein Inneres Kind, dass du es gegenüber den Personen, die es verletzt haben, verteidigst und ihnen die Meinung sagst. Vielleicht möchte es, dass die Täter von der Polizei abgeführt werden. Vielleicht möchte es aber auch einfach nur mit deinem erwachsenen Ich verschwinden. In deiner Fantasie kannst du deinem Inneren Kind jeden Wunsch erfüllen. Verurteile seine Wünsche nicht, sondern erfülle sie ihm so gut das möglich ist. Sich in der eigenen Vorstellung an den Tätern zu rächen kann ein wichtiger Schritt zur Heilung sein, der dein Inneres Kind aus der Opferrolle und einer tief empfundenen Ohnmacht befreit.
Sobald das erledigt ist, fragst du dein kindliches Selbst, ob es hier bleiben will oder mit dir kommen will.
Es ist vollkommen in Ordnung, wenn dein kindliches Selbst bleiben will, wo es ist. Lasse es dort und verabschiede dich. Du kannst später wieder Kontakt mit ihm aufnehmen.
Falls es mit dir gehen möchte, nimmst du es auf den Arm oder fasst es an der Hand an und bringst es an einen sicheren Ort. Das kann ein riesiger, paradiesischer Garten sein, eine wunderschöne Landschaft oder ein grosses gemütliches Haus – was immer sich dein Inneres Kind wünscht. Dort verbringst du bzw. dein Innerer Erwachsener Zeit mit deinem Inneren Kind, versicherst ihm, wie lieb du es hast und das du es niemals wieder im Stich lässt.
Dein Inneres Kind kann an diesem Ort alles machen, worauf es Lust hat. Seiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, es kann sich alles Mögliche herbei wünschen. Es kann sich Dinge, bestimmte Umstände, Landschaften, Personen etc. herbeiwünschen.
Frage dein kindliches Ich auf jeden Fall auch, ob es ein Bad nehmen möchte. Falls ja, bade es. Dieses Ritual hat eine reinigende Wirkung.
Dies ist eine verkürzte Version des „Completion Process“, welche die spirituelle Lehrerin Teal Swan entwickelt hat. Falls du mehr Interesse an diesem Prozess hast, empfehle ich das Buch von Teal Swan: Den Schatten umarmen – Verletzungen der Seele heilen.
Das Buch beinhaltet den gesamten Prozess und ist detailliert erklärt. In insgesamt 18 Schritten, werden auch die Hintergründe der einzelnen Schritte erklärt und warum man es genau so macht. Ebenso wird erklärt, was ein Trauma wirklich ist, warum wir alle zu einem gewissen Grad traumatisiert sind und wie du es auflösen und re-integrieren kannst.

Achtsamkeit im Alltag – das Innere Kind heilen
Kontakt zu deinem Inneren Kind kannst du nicht nur über die sehr schmerzhaften Gefühle aufnehmen, auch wenn das meiner Erfahrung nach die wirkungsvollste Methode mit dem grössten, oft unmittelbaren Transformationspotential ist.
So kannst du auch allgemein stärker auf deine Gefühle achten und dich darüber mit deinem Inneren Kind verbinden. Nimm etwas Geschwindigkeit aus deinem Leben, um dich wieder richtig zu spüren.
Lenke dich nicht ständig durch das Internet, Fernsehen oder Unternehmungen ab. Verbringe Zeit allein, ohne Ablenkungen. Fühle, was du gerade fühlst. Nimm das Innere Kind in diesem Gefühl wahr.
Was will es? Was möchte es dir sagen? Was braucht es gerade? Sprich mit ihm und gib ihm, was es braucht. Zeige und versichere ihm, dass du es bedingungslos liebst. Sprich von deinem Herzen zum Herz deines Inneren Kindes.
Mit einer Fotomontage Kontaktaufnehmen zum Inneren Kind
Den gesamten Prozess kannst du unterstützen, indem du dein kindliches und dein erwachsenes Ich auf einer Fotomontage zusammenführst.
Schneide einfach ein aktuelles Foto von dir aus und klebe es auf ein Kinderfoto von dir oder nutze dafür ein Programm wie Photoshop.
Stelle das Foto irgendwo hin, wo du es regelmässig siehst.
Gruppenarbeit mit dem Inneren Kind
Als letzten Tipp für die Arbeit mit dem Inneren Kind, empfiehlt es sich eine liebevolle Gruppe von 5 bis 6 Personen zu finden, mit der man gemeinsam an der Aufarbeitung der Kindheit arbeitet.
In dieser Gruppe unterstützt man sich gegenseitig, tauscht seine Erfahrungen aus und lässt Gefühle spiegeln. Dies kann den Prozess extrem bereichern und beschleunigen, wenn es wirklich eine liebevolle, wohlwollende Gruppe aus Menschen ist, die alle das gleiche Ziel verfolgen: Ihr Inneres Kind zu befreien, zu heilen und zu re-integrieren.
Dazu empfehle ich das Buch von John Bradshaw, der eine genaue Beschreibung in einer Gruppe beschreibt: Das Kind in uns. Wie finde ich zu mir selbst.
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